Der Kirchenraum bebt, alle Lichter strahlen, die Band gibt alles, keinen Zuschauer hält es mehr auf seinem Sitzplatz und hundert Stimmen im Publikum und auf der Bühne singen gemeinsam „Amazing Grace, how sweet the sound…“ – ein fantastischer Moment!
Viele Monate zuvor sitzt der Gospelchor zusammen in der Probe und es wird ein Entschluss gefasst: wir wollen nach drei Jahren wieder einmal eine Konzertreise organisieren und unser Chorleiter Andreas Rüsing ist gerne dabei. Sofort erklären sich einige Chormitglieder bereit, ihn bei der Organisation zu unterstützen, denn die Logistik hinter einem solchen Projekt ist enorm: Finanzierung, Auftrittsmöglichkeiten, Busse, Anhänger, Hotelzimmer, Ausflüge, Bandmusiker, Essensvorbestellungen und noch vieles mehr muss für die Musiker organisiert werden. Doch bereits hier zeigt sich die Stärke der Goodnews Gospelsingers: der Zusammenhalt innerhalb der Gruppe, die nun bereits seit zwanzig Jahren besteht. Jeder übernimmt wie selbstverständlich einen Teil der Arbeit und so gelingt es tatsächlich, das Mammutprojekt auf die Beine zu stellen.
Am Donnerstagnachmittag vor Allerheiligen versammeln sich die Sänger schließlich gut vorbereitet um einen Berg aus Taschen, Kabeln, Boxen, Mikroständern, Chips und Getränkekästen und beladen damit den Reisebus, ihre „Heimat“ für die nächsten vier Tage. Der musikbegeisterte und grundsympathische Busfahrer Stefan entpuppt sich von Anfang an als Glücksfall und wird sofort voll integriert.
Das erste Ziel ist Pappenheim und bereits am Abend des ersten Tages singen wir im Gottesdienst in der Stadtkirche ein paar Lieder zum warm werden. Die fürsorglichen Gemeindemitglieder versorgen bei der anschließenden Probe den gesamten Chor gastfreundlich mit original Pappenheimer Lutherwecken, vielen Dank dafür!
Am nächsten Morgen klingelt nach einem langen lustigen Abend in der Kegelbahn der Wecker schon sehr früh und es ist erst einmal Denkleistung gefragt: Wir brauchen ein Handgepäck für eine mehrstündige Probe in einer ungeheizten Kirche, eine Stadtführung in Eichstätt bei Regen und um die fünf Grad und gleichzeitig schicke Chorkleidung für den abendlichen Auftritt dort in der Erlöserkirche. Dazwischen alles, was der Mensch sonst noch so braucht an einem Tag, inklusive Wasserkocher, Kaffeepäckchen und Schuhcreme. Wer etwas vergisst, hat Pech gehabt, denn es ist Allerheiligen und die Geschäfte haben geschlossen – vor allem in Eichstätt mit einer katholischen Kirche je tausend Einwohner!
Die Führung dort durch ungewöhnliche Kreuzgänge und nicht ganz symmetrische Plätze ist interessant und macht hungrig. Schade, dass das vorbestellte Essen im Lokal so lange auf sich warten lässt, dass die ersten Sänger zur Konkurrenz abwandern. Nur diejenigen, die eisern sitzen bleiben, lernen, dass Teller wärmer sein können, als das Essen darauf, dass die Beilage zu einem Burger Kartoffelchips sein kann und dass man Burgerbrötchen ebenso wenig in der Mikrowelle erhitzen sollte, wie den frischen Salat darin…
Während ein Teil der Gruppe gemeinsam mit Andreas Rüsing Eichstätt noch genauer erkundet, unterstützen die anderen solidarisch den Eichstätter „Protestantenbäcker“ oder üben noch einmal fleißig die Lieder im Gemeindezentrum, bis feierlich die Pizza zum Abendessen geliefert wird.
Das Konzert abends in der Eichstätter Erlöserkirche wird dann eines der Höhepunkte auf dieser unvergesslichen Fahrt. Die Menschen lassen sich anstecken und stehen bald klatschend und mitsingend in den Bänken, manche mit über 90 und andere mit Sauerstoffgerät aber alle mit großer Begeisterung, die auch uns ansteckt und die wir mitnehmen in den Reisebus, in dem auch auf der Fahrt zurück nach Pappenheim noch fröhlich Lieder gesungen werden.
Tour2019landscapeDer nächste Tag fühlt sich dann wie Urlaub an: Wir entspannen auf einer längeren Fahrt nach Bad Feilnbach und erkunden dort trotz weißer Turnschuhe die Landschaft auf einem kleinen Spaziergang über Berg und Tal, der tolle Aussichten bietet und von einem hervorragenden Essen beim Aumannwirt gekrönt wird, das überraschenderweise für manche eine ebenso gute Aussicht bietet. Anschließend traut uns Andreas zu, das Moorgebiet Sterntaler Filze in Raubling zu erkunden, ohne darin verloren zu gehen und erstaunlicherweise bleiben alle auf den Wegen und wir kehren vollzählig zum Bus zurück.
Dann muss aber dringend wieder gearbeitet werden: Stefan manövriert den Reisebus millimetergenau und trotzdem cool wie ein Stuhl von der Hauptstraße rückwärts vor die Christuskirche in Bad Aibling und in null Komma nix ist der Bus leer und der Kirchenraum voller Kabel. Nach der herzlichen Begrüßung durch den Kantor Andreas Hellfritsch jubeln sich die Chorsänger beim Kickerturnier warm und können auch später im Konzert das Publikum mit ihrer guten Laune anstecken. Viele strahlende Gesichter und herzlicher Applaus im Publikum begleiten die Sänger am Ende des Auftritts aus der Kirche.
Der letzte Abend ist gekommen und im Hotel wartet – dank der perfekten Organisation unserer Sopranistin Helga – ein warmes Abendessen und eine unglaublich nette, humorvolle und fröhliche Bedienung auf uns, der wir zum Dank gleich ein Ständchen bringen. Und weil wir wissen, dass der Abschied naht, sitzen einige noch bis in die Morgenstunden zusammen im Gang vor dem Turmzimmer und niemand will, dass diese Fahrt jetzt schon fast vorbei ist.
Umso härter ist das Aufstehen am nächsten Morgen, trotz des leckeren Frühstücksbuffets und dem starken Kaffee in Silberkännchen. Es geht zurück nach Pappenheim zum letzten Konzert, doch die Zeit wird knapp und so erklären sich die Bandmusiker mit ein paar Helfern nach dem Mittagessen bereit, die Technik in der Stadtkirche Pappenheim allein aufzubauen, während die anderen von Erwin Knoll auf eine Stadtführung mitgenommen werden. Diese ist so unterhaltsam und interessant, dass sie uns alle Müdigkeit vergessen lässt. Wer hätte gedacht, dass der „Mohr“ im Stadtwappen eigentlich keiner ist, vier Quadratmeter so klein sind (und deshalb nicht der Rede wert sein sollten), das älteste Kirchenbauwerk im süddeutschen Raum in Pappenheim steht und die Pappenheimer sehr „gut bestückte“ Generäle im Dreißigjährigen Krieg hervorgebracht haben. Wer dabei war, weiß jetzt auch, weshalb es manchmal besser ist, „die Klappe zu halten“ und kennt ein sehr schönes Gedicht, das angeblich von Goethe stammt, dem alten Weiberhelden.
Beim letzten Konzert der Reise an diesem Abend in der Stadtkirche in Pappenheim geben wir noch einmal unser Bestes und auch dieses Konzert wird sehr schön und vom Publikum positiv aufgenommen. Viel zu schnell ist dann eingepackt und die Ersten verabschieden sich, weil sie nicht mit dem Reisebus zurückfahren. Die Busfahrt zurück nach Nürnberg kommt uns dann auch viel zu kurz vor, dafür erwartet uns in Zabo scheußlicher eisiger Platzregen, der das Ausladen des Busses und das Schleppen der Technik zurück in die Kirche zu einem unerwarteten kleinen Abenteuer macht.
Eins steht jedenfalls fest: niemand, der dabei war, wird diese Fahrt so schnell wieder vergessen. Wir haben so viel miteinander gelacht, geredet und natürlich auch gesungen, dass wir alle wieder ein bisschen enger zusammengerückt sind. Und diejenigen, die wir unterwegs verloren haben, sind auch zum Glück alle wohlbehalten wieder zu Hause angekommen.
Ich freue mich jetzt auf das Weihnachtsprogramm und kann es kaum erwarten, zur nächsten Fahrt mit dieser Gruppe aufzubrechen, denn ich bin stolz darauf, das Logo der Goodnews Gospelsingers auf dem Herzen tragen zu dürfen.
Julia Wankel